Dermatologen im Netz

Psoriasis (Schuppenflechte)

Schuppenflechte

Was ist Psoriasis bzw. Schuppenflechte?

Psoriasis, im deutschen Sprachraum als Schuppenflechte bekannt, ist eine chronische entzündliche Hauterkrankung, die weltweit etwa 2-3% der Bevölkerung betrifft. Der Begriff “chronisch” bedeutet dabei, dass die Erkrankung langanhaltend ist und nicht von selbst ausheilt. “Entzündlich” beschreibt die Tatsache, dass das Immunsystem des Körpers eine überschießende Reaktion zeigt, die zu den typischen Hautveränderungen führt.

Die Erkrankung ist durch charakteristische, scharf begrenzte, rötliche Hautplaques gekennzeichnet, die mit silbrig-weißen Schuppen bedeckt sind. Ein Plaque ist eine erhabene, flächige Hautveränderung, die größer als ein Zentimeter im Durchmesser ist. Diese Plaques entstehen durch eine beschleunigte Zellteilung in der Epidermis (Oberhaut), wodurch sich neue Hautzellen viel schneller bilden, als die alten abgestoßen werden können.

Pathophysiologie: Die Entstehung der Schuppenflechte

Um die Psoriasis zu verstehen, müssen wir zunächst die normale Funktion der Haut betrachten. Die Haut besteht aus drei Hauptschichten: der Epidermis (Oberhaut), der Dermis (Lederhaut) und der Subcutis (Unterhaut). In der Epidermis werden kontinuierlich neue Hautzellen gebildet, die normalerweise etwa 28 Tage benötigen, um von der untersten Schicht an die Oberfläche zu wandern, wo sie dann als unsichtbare Hautschuppen abgestoßen werden.

Bei der Psoriasis ist dieser natürliche Prozess gestört. Die Keratinozyten, das sind die hauptsächlichen Zellen der Oberhaut, teilen sich etwa zehnmal schneller als normal. Dadurch verkürzt sich der Zellzyklus von 28 Tagen auf nur 3-4 Tage. Diese beschleunigte Proliferation (Zellteilung) führt dazu, dass sich unreife Hautzellen an der Oberfläche ansammeln und die charakteristischen silbrig-weißen Schuppen bilden.

Diese Fehlregulation wird durch eine komplexe Interaktion zwischen dem angeborenen und dem erworbenen Immunsystem ausgelöst. T-Lymphozyten, eine Art von weißen Blutkörperchen, die normalerweise den Körper vor Infektionen schützen, werden fälschlicherweise aktiviert und wandern in die Haut ein. Dort setzen sie verschiedene Zytokine frei – das sind Botenstoffe, die zwischen Immunzellen kommunizieren. Besonders wichtig sind dabei Interleukin-17 (IL-17) und Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-α), die eine zentrale Rolle bei der Entzündungsreaktion spielen.

Ätiologie: Die Ursachen der Psoriasis

Die Psoriasis ist eine multifaktorielle Erkrankung, was bedeutet, dass mehrere Faktoren zu ihrer Entstehung beitragen. Die genetische Prädisposition spielt eine zentrale Rolle – etwa 30-40% der Patienten haben Verwandte ersten Grades, die ebenfalls betroffen sind. Wissenschaftler haben bereits über 60 genetische Risikoloci identifiziert, wobei die HLA-Cw6-Variante (Human Leukocyte Antigen) das stärkste genetische Risiko darstellt.

Jedoch führen Gene allein nicht zwangsläufig zur Erkrankung. Verschiedene Umweltfaktoren können als Trigger fungieren und bei genetisch prädisponierten Personen den Ausbruch der Psoriasis auslösen. Zu diesen Triggerfaktoren gehören bakterielle Infektionen, insbesondere Streptokokken-Infektionen des Rachens, mechanische Traumata der Haut (bekannt als Köbner-Phänomen), bestimmte Medikamente wie Lithium oder Beta-Blocker, psychischer Stress und klimatische Faktoren.

Das Köbner-Phänomen, benannt nach dem deutschen Dermatologen Heinrich Köbner, beschreibt die Entstehung neuer Psoriasis-Läsionen an Stellen, wo die Haut mechanisch gereizt oder verletzt wurde. Dies kann durch Kratzen, Reibung durch Kleidung oder auch durch Sonnenbrände geschehen.

Klinische Manifestationen: Die verschiedenen Erscheinungsformen

Die Psoriasis präsentiert sich in verschiedenen klinischen Formen, wobei die Psoriasis vulgaris (gewöhnliche Schuppenflechte) mit etwa 80-90% aller Fälle die häufigste Form darstellt. Bei dieser Form finden sich typischerweise symmetrisch verteilte, scharf begrenzte, erythematöse Plaques mit silbrig-weißer Schuppung. “Erythematös” bedeutet gerötet, da die Entzündung zu einer verstärkten Durchblutung der betroffenen Hautareale führt.

Die Prädilektionsstellen, also die bevorzugten Lokalisationen, sind die Streckseiten der Extremitäten, insbesondere Ellbogen und Knie, die Kopfhaut, die Kreuzbeingegend und der Bereich um den Bauchnabel. Diese Verteilung ist charakteristisch und hilft bei der Diagnosestellung.

Eine weitere wichtige Form ist die Psoriasis guttata, die “tropfenförmige” Schuppenflechte. Diese tritt häufig bei Kindern und Jugendlichen auf und zeigt sich durch zahlreiche, kleine, münzgroße Läsionen, die über den gesamten Körper verteilt sein können. Der Begriff “guttata” leitet sich vom lateinischen “gutta” für Tropfen ab, da die Läsionen an Regentropfen erinnern.

Die Psoriasis pustulosa ist eine seltene, aber schwerwiegende Form, bei der sich sterile Pusteln (eitergefüllte Bläschen) bilden. “Steril” bedeutet hier, dass die Pusteln keimfrei sind und nicht durch Bakterien verursacht werden, sondern durch die Ansammlung von Neutrophilen (einer Art weißer Blutkörperchen) entstehen.

Diagnostik: Die Diagnosestellung

Die Diagnose der Psoriasis basiert primär auf dem klinischen Erscheinungsbild und der charakteristischen Morphologie der Läsionen. Dermatologen nutzen dabei verschiedene pathognomonische Zeichen – das sind charakteristische Symptome, die für eine bestimmte Krankheit typisch sind.

Das wichtigste diagnostische Zeichen ist das Kerzenfleckphänomen: Beim vorsichtigen Kratzen an den Schuppen lösen sich diese lamellenartig ab und hinterlassen eine glatte, wie von Kerzenwachs überzogene Oberfläche. Setzt man das Kratzen fort, erscheint das Phänomen des letzten Häutchens – eine dünne, glänzende Membran wird sichtbar. Entfernt man auch diese, zeigt sich der Auspitz-Effekt: punktförmige Blutungen treten auf, da die oberflächlichen Kapillaren (kleinste Blutgefäße) verletzt werden.

In unklaren Fällen kann eine Hautbiopsie durchgeführt werden. Dabei wird eine kleine Gewebeprobe entnommen und histopathologisch untersucht. Unter dem Mikroskop zeigen sich charakteristische Veränderungen wie eine verdickte Epidermis (Akanthose), verlängerte Retezapfen (die zapfenförmigen Ausstülpungen der Epidermis in die Dermis) und entzündliche Infiltrate mit T-Lymphozyten.

Komorbiditäten: Begleiterkrankungen der Psoriasis

Die Psoriasis ist nicht nur eine Hauterkrankung, sondern eine systemische Erkrankung, die verschiedene Organsysteme betreffen kann. Etwa 30% der Patienten entwickeln eine Psoriasis-Arthritis, eine entzündliche Gelenkerkrankung, die zu Schmerzen, Steifheit und Funktionseinschränkungen führen kann. Diese Arthritis unterscheidet sich von der rheumatoiden Arthritis durch ihr Befallsmuster und das Fehlen des Rheumafaktors im Blut.

Patienten mit Psoriasis haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, insbesondere Herzinfarkt und Schlaganfall. Dies liegt an der chronischen systemischen Entzündung, die atherosklerotische Prozesse begünstigt. Atherosklerose ist die Verkalkung und Verengung von Arterien, die zu Durchblutungsstörungen führt.

Weitere häufige Komorbiditäten sind das metabolische Syndrom mit Adipositas (Fettleibigkeit), Diabetes mellitus Typ 2, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck. Diese Erkrankungen stehen in einem komplexen Zusammenhang mit den Entzündungsprozessen bei der Psoriasis.

Auch psychische Erkrankungen treten gehäuft auf. Depressionen und Angststörungen sind bei Psoriasis-Patienten etwa doppelt so häufig wie in der Allgemeinbevölkerung. Dies liegt sowohl an der psychischen Belastung durch die sichtbaren Hautveränderungen als auch an den direkten Auswirkungen der chronischen Entzündung auf das Nervensystem.

Therapieoptionen: Die Behandlung der Psoriasis

Die Therapie der Psoriasis erfolgt stadiengerecht und richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung. Zur Beurteilung des Schweregrades verwenden Dermatologen verschiedene Scores, wobei der PASI (Psoriasis Area and Severity Index) der wichtigste ist. Dieser bewertet sowohl die Ausdehnung als auch die Intensität der Hautveränderungen.

Bei leichter Psoriasis (PASI < 10) kommen zunächst topische Therapien zur Anwendung. Topisch bedeutet örtlich, das heißt, die Medikamente werden direkt auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen. Kortikoide (kortisonähnliche Substanzen) sind nach wie vor die Standardtherapie, wobei die Wirkstärke je nach Lokalisation angepasst wird. Für das Gesicht werden schwächere Präparate verwendet als für die Extremitäten.

Calcipotriol, ein synthetisches Vitamin-D3-Analogon, ist eine weitere wichtige topische Behandlungsoption. Es wirkt, indem es die Proliferation der Keratinozyten hemmt und deren Differenzierung fördert. “Differenzierung” bedeutet, dass die Zellen ausreifen und ihre normale Funktion entwickeln.

Bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis (PASI > 10) oder bei Versagen der topischen Therapie kommen systemische Behandlungen in Betracht. Diese wirken über das Blut auf den gesamten Körper. Traditionelle systemische Therapien umfassen Methotrexat, Ciclosporin A und Acitretin.

Methotrexat ist ein Folsäureantagonist, der die DNA-Synthese hemmt und somit die überschießende Zellteilung bei der Psoriasis unterdrückt. Es wird meist einmal wöchentlich eingenommen und erfordert regelmäßige Laborkontrollen, da es Leber- und Nierenfunktion beeinträchtigen kann.

Moderne Biologika-Therapie

Die größte Revolution in der Psoriasis-Therapie stellen die Biologika dar. Diese gentechnisch hergestellten Medikamente greifen gezielt in die Entzündungskaskade ein und blockieren spezifische Zytokine oder deren Rezeptoren.

TNF-α-Inhibitoren wie Adalimumab, Etanercept und Infliximab waren die ersten verfügbaren Biologika. Sie blockieren den Tumor-Nekrose-Faktor-alpha, einen zentralen Entzündungsmediator bei der Psoriasis. Diese Medikamente werden meist als Injektion unter die Haut verabreicht.

Neuere Biologika zielen auf die Interleukin-23/Interleukin-17-Achse ab. IL-23-Inhibitoren wie Guselkumab oder Risankizumab blockieren das Interleukin-23, welches für die Aktivierung bestimmter T-Helferzellen verantwortlich ist. IL-17-Inhibitoren wie Secukinumab oder Ixekizumab blockieren direkt das Interleukin-17, das eine Schlüsselrolle bei der Entzündungsreaktion spielt.

Phototherapie: Behandlung mit Licht

Die Phototherapie nutzt spezielle Lichtspektren zur Behandlung der Psoriasis. UV-B-Strahlung mit einer Wellenlänge von 311-313 nm (Schmalband-UV-B) ist besonders effektiv. Diese Strahlung dringt in die Haut ein und führt zu einer Immunsuppression, das heißt, sie dämpft die überschießende Immunreaktion.

Die PUVA-Therapie kombiniert die Einnahme von Psoralen, einer lichtaktivierenden Substanz, mit anschließender UV-A-Bestrahlung. Psoralen macht die Haut lichtempfindlicher und verstärkt die therapeutische Wirkung des UV-Lichts.

Prognose und Langzeitverlauf

Die Psoriasis ist eine chronische Erkrankung mit einem typischerweise remittierend-rezidivierenden Verlauf. Das bedeutet, dass sich Phasen der Besserung (Remission) mit Phasen der Verschlechterung (Exazerbation) abwechseln. Eine vollständige Heilung ist derzeit nicht möglich, aber mit modernen Therapien kann bei den meisten Patienten eine gute Kontrolle der Erkrankung erreicht werden.

Die Lebensqualität der Patienten wird erheblich durch die Erkrankung beeinträchtigt. Der Dermatology Life Quality Index (DLQI) zeigt, dass Psoriasis-Patienten eine ähnliche Einschränkung der Lebensqualität erfahren wie Patienten mit Herzerkrankungen oder Krebs. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer effektiven Behandlung nicht nur der Hautmanifestationen, sondern auch der psychosozialen Aspekte der Erkrankung.

Fazit

Die Psoriasis ist eine komplexe, multisystemische Erkrankung, die weit über eine reine Hauterscheinung hinausgeht. Das Verständnis der zugrundeliegenden Pathomechanismen hat zur Entwicklung hochwirksamer, zielgerichteter Therapien geführt. Die Behandlung sollte immer individualisiert erfolgen und sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte der Erkrankung berücksichtigen.

Für Patienten ist es wichtig zu verstehen, dass die Psoriasis zwar nicht heilbar, aber sehr gut behandelbar ist. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Patient und Dermatologe, die konsequente Anwendung der verordneten Therapien und eine gesunde Lebensführung können dazu beitragen, die Krankheitsaktivität zu kontrollieren und die Lebensqualität deutlich zu verbessern.

Die Forschung auf dem Gebiet der Psoriasis schreitet kontinuierlich voran, und neue therapeutische Ansätze befinden sich in der Entwicklung. Dies gibt Hoffnung auf weitere Verbesserungen in der Behandlung dieser häufigen und belastenden Erkrankung.

Schreibe einen Kommentar

Präsentieren Sie Ihre Praxis!

Schreiben Sie uns eine e-mail und wir helfen Ihnen dabei, sich optimal zu präsentieren!

  • Haarvitamine im Test

    Haarvitamine im Test Stand: 01. November 2025 | Lesedauer: 12 MinutenHaarausfall, brüchige Nägel oder fahle Haut – viele Menschen leiden unter diesen Problemen, die nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern auch das Selbstbewusstsein stark beeinträchtigen können. Ein möglicher Schlüssel zur Verbesserung liegt in der gezielten Versorgung mit essenziellen Nährstoffen. Entdecke unseren Vergleich der 25 besten

    2. Oktober 2025
  • Dauerhafte Haarentfernung: Methoden und Möglichkeiten

    Die dauerhafte Haarentfernung hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer der gefragtesten ästhetischen Behandlungen in der Dermatologie entwickelt. Während traditionelle Methoden wie Rasieren, Wachsen oder Epilieren nur temporäre Ergebnisse liefern, ermöglichen moderne Lasertechnologien eine langanhaltende bis dauerhafte Reduktion unerwünschter Körperbehaarung. Diese Behandlung basiert auf dem Prinzip der selektiven Photothermolyse – einem gezielten Erhitzungsprozess,

    1. September 2025
  • Microoneedling mit Radiofrequenz

    Microneedling mit Radiofrequenz: Moderne Hautverjüngung in der Dermatologie Das Microneedling mit Radiofrequenz (RFM) stellt eine der innovativsten Entwicklungen in der ästhetischen Dermatologie dar. Diese Behandlungsmethode kombiniert zwei bewährte Technologien zu einem besonders wirkungsvollen Verfahren: das mechanische Microneedling, bei dem feinste Nadeln kontrollierte Mikroverletzungen in der Haut erzeugen, wird mit der thermischen Energie der Radiofrequenz-Technologie verbunden.

    26. August 2025
  • Methoden zur Entfernung von Tätowierungen: Vorteile und Nachteile

    Methoden zur Entfernung von Tätowierungen: Eine detaillierte Betrachtung der ästhetischen Dermatologie Die Entfernung von Tätowierungen hat sich in den letzten Jahrzehnten von einem experimentellen Verfahren zu einer etablierten ästhetischen Leistung in der Dermatologie entwickelt. Mit dem kontinuierlichen Wachstum der tätowierten Bevölkerung – in den USA stieg der Anteil der Erwachsenen mit Tätowierungen von 15-16% im

    21. August 2025

Looking for a First-Class Business Plan Consultant?

Cookie Consent mit Real Cookie Banner