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DHHB in Sonnencremes – darum solltest Du die Creme besser meiden

DHHB in Sonnencremes

Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl Benzoate, bekannt unter der Abkürzung DHHB, ist ein synthetischer UV-Filter, der in der Kosmetikindustrie weit verbreitet ist. Dieser chemische Sonnenschutzfilter hat in den letzten Jahren sowohl wissenschaftliche Anerkennung für seine Wirksamkeit als auch Bedenken bezüglich möglicher Verunreinigungen erhalten. Um die komplexe Diskussion um DHHB zu verstehen, müssen wir zunächst die Grundlagen des UV-Schutzes und die spezifischen Eigenschaften dieses Filters betrachten.

Was ist DHHB und wie funktioniert es?

DHHB ist ein organischer UV-Filter, der speziell UV-A-Strahlung absorbiert. UV-A-Strahlung bezeichnet elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen zwischen 320 und 400 Nanometern (nm) – das ist der langwelligere Teil des ultravioletten Spektrums, der tiefer in die Haut eindringt als UV-B-Strahlung. Die molekulare Struktur von DHHB ermöglicht es, diese Strahlung zu absorbieren und in harmlose Wärmeenergie umzuwandeln, wodurch die Hautzellen vor Schäden geschützt werden.

Der Filter ist in der Europäischen Union gemäß der Kosmetikverordnung 1223/2009 zugelassen und darf in einer maximalen Konzentration von zehn Prozent in Sonnenschutzmitteln verwendet werden. Diese Konzentrationsbegrenzung basiert auf Sicherheitsbewertungen, die zeigen, dass DHHB bei ordnungsgemäßer Anwendung als sicher gilt.

Wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit

Photophysikalische Eigenschaften

Eine wegweisende Studie, die im renommierten “Journal of Physical Chemistry A” veröffentlicht wurde, untersuchte die molekularen Mechanismen von DHHB bei der UV-Absorption. Die Forschungsarbeit “Influence of the Solvent Environment on the Ultrafast Relaxation Pathways of a Sunscreen Molecule Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl Benzoate” verwendete hochmoderne spektroskopische Methoden, um zu verstehen, wie DHHB UV-Energie absorbiert und umwandelt.

Die Studie zeigte, dass nach der Lichtanregung bei einer Wellenlänge von 360 nm etwa 95 Prozent der angeregten DHHB-Moleküle sehr schnell in ihren Grundzustand zurückkehren. Dieser Prozess dauert nur wenige hundert Femtosekunden (eine Femtosekunde ist ein millionstel einer milliardstel Sekunde). Diese ultraschnelle Relaxation ist entscheidend für die Effektivität als Sonnenschutzfilter, da sie verhindert, dass die absorbierte Energie photochemische Reaktionen auslöst, die schädlich sein könnten.

Quelle: Journal of Physical Chemistry A – https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.jpca.0c10313

Photostabilität und Kombinationseffekte

Eine weitere wichtige Untersuchung, publiziert im “European Journal of Pharmaceutical Sciences”, befasste sich mit der Photostabilität von DHHB und seinen synergistischen Effekten mit anderen UV-Filtern. Die Studie “Diethylamino hydroxybenzoyl hexyl benzoate (DHHB) as additive to the UV filter avobenzone in cosmetic sunscreen formulations” untersuchte, wie DHHB die Stabilität von Avobenzon verbessert.

Avobenzon ist ein weit verbreiteter UV-A-Filter, der jedoch unter Sonnenlicht instabil wird und seine Schutzwirkung verliert. Die Forscher fanden heraus, dass DHHB als Photostabilisator fungiert und die Degradation von Avobenzon signifikant verlangsamt. Diese Eigenschaft macht DHHB besonders wertvoll für die Formulierung stabiler Breitband-Sonnenschutzmittel.

Quelle: European Journal of Pharmaceutical Sciences – https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0928098716305711

Umweltstudien und Transformationsverhalten

Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2023, veröffentlicht in “Science of the Total Environment”, untersuchte das Verhalten von DHHB in Schwimmbädern. Die Untersuchung “Transformation and toxicity studies of UV filter diethylamino hydroxybenzoyl hexyl benzoate in the swimming pools” analysierte, was mit DHHB geschieht, wenn es durch Schwimmer in chloriertes Poolwasser gelangt.

Die Forscher fanden heraus, dass DHHB unter dem Einfluss von freiem Chlor und Sonnenlicht chemische Transformationen durchläuft. Diese Transformationsprodukte wurden auf ihre Toxizität gegenüber aquatischen Organismen getestet. Die Studie liefert wichtige Erkenntnisse über die Umweltauswirkungen von DHHB, wenn es in Gewässer gelangt.

Quelle: Science of the Total Environment – https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0048969723021174 PubMed Abstract: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37068670/

Aktuelle Kontroversen und Sicherheitsbedenken

Das Phthalat-Verunreinigungsproblem

Die größte Kontroverse um DHHB entstand 2023, als deutsche Behörden Spuren von verbotenen Weichmachern (Phthalaten) im Urin von Kindergartenkindern nachwiesen. Phthalate sind Chemikalien, die Kunststoffe geschmeidig machen, aber auch als endokrine Disruptoren (hormonell wirksame Substanzen) wirken können. Diese Substanzen können das Hormonsystem beeinträchtigen und sind besonders für Kinder bedenklich.

Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe untersuchte daraufhin 57 Sonnenschutzprodukte aus den Jahren 2020 bis 2023. Von den 40 Produkten mit DHHB waren 21 mit dem verbotenen Weichmacher Di-n-Hexylphthalat (DnHexP) verunreinigt. Diese Verunreinigung entsteht während der Herstellung von DHHB und ist nicht beabsichtigt.

Regulatorische Reaktionen

Die Europäische Kommission reagierte auf diese Befunde mit einer wissenschaftlichen Bewertung durch das Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS). Im Februar 2025 veröffentlichte das SCCS eine vorläufige wissenschaftliche Stellungnahme (SCCS/1678/25) zu DHHB, die sich speziell mit der Problematik der Phthalat-Rückstände befasst.

Die Stellungnahme diskutiert, welche sicheren Grenzwerte für DnHexP in DHHB-haltigen Produkten definiert werden können. Dieser regulatorische Prozess zeigt, wie die Behörden auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse reagieren und Verbraucherschutz gewährleisten.

Quelle: BAV-Institut Stellungnahme – https://www.bav-institut.de/de/news/vorlaeufige-stellungnahme-sccs-zu-diethylamino-hydroxybenzoyl-hexyl-benzoate-dhhb EU-Kommission: https://health.ec.europa.eu/latest-updates/sccs-scientific-advice-safety-diethylamino-hydroxybenzoyl-hexyl-benzoate-dhhb-s83-2025-06-30_en

Untersuchungsergebnisse deutscher Behörden

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen bestätigte den Zusammenhang zwischen der Verwendung DHHB-haltiger Sonnenschutzmittel und dem Nachweis von Phthalat-Metaboliten (Abbauprodukten) im Urin von Kindern. Diese Studien zeigten, dass etwa drei Viertel der untersuchten Sonnenschutzmittel DHHB enthielten, wobei ein signifikanter Anteil mit verbotenen Weichmachern verunreinigt war.

Quelle: Umwelt NRW – https://www.umwelt.nrw.de/neue-untersuchungen-bestaetigen-zusammenhang-zwischen-weichmachern-kinderurin-und-verwendung-von

Verbraucherschutz und Empfehlungen

Identifikation von DHHB in Produkten

DHHB muss in der INCI-Liste (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients) von Sonnenschutzmitteln als “Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl Benzoate” aufgeführt werden. Verbraucher, die DHHB-haltige Produkte vermeiden möchten, sollten diese Bezeichnung in der Inhaltsstoffliste suchen.

Alternative Sonnenschutzfilter

Es gibt mehrere alternative UV-Filter, die keinen DHHB enthalten. Mineralische Filter wie Zinkoxid und Titandioxid gelten als besonders sicher, da sie physikalisch auf der Hautoberfläche wirken und nicht in die Haut eindringen. Andere organische UV-Filter wie Octyl Methoxycinnamate oder Benzophenone-3 bieten ebenfalls Schutz, haben aber ihre eigenen spezifischen Eigenschaften und möglichen Bedenken.

Bewertung durch Verbraucherschutzorganisationen

Die Stiftung Warentest hat in ihrer Bewertung von Sonnenschutzmitteln festgestellt, dass sieben der geprüften Mittel bewusst auf DHHB verzichten. Diese Entscheidung zeigt, dass es durchaus möglich ist, effektive Sonnenschutzmittel ohne DHHB zu formulieren.

Quelle: Stiftung Warentest – https://www.test.de/Weichmacher-Sonnencreme-unter-Schadstoffverdacht-was-ist-dran-6103822-0/

Wissenschaftliche Einordnung und Ausblick

Nutzen-Risiko-Bewertung

DHHB bleibt ein effektiver UV-A-Filter mit guten photostabilen Eigenschaften. Die Hauptproblematik liegt nicht in der Substanz selbst, sondern in den Verunreinigungen während der Herstellung. Dies ist ein typisches Beispiel dafür, wie Qualitätskontrolle und Herstellungsverfahren die Sicherheit von Kosmetikprodukten beeinflussen können.

Zukünftige Entwicklungen

Die Kosmetikindustrie arbeitet an verbesserten Herstellungsverfahren für DHHB, um Phthalat-Verunreinigungen zu minimieren. Gleichzeitig werden neue UV-Filter entwickelt, die ähnliche Schutzwirkungen ohne die problematischen Verunreinigungen bieten könnten.

Bedeutung für die UV-Schutz-Forschung

Die DHHB-Kontroverse verdeutlicht die Komplexität der modernen Sonnenschutzmittel-Entwicklung. Sie zeigt auch, wie wichtig kontinuierliche Überwachung und wissenschaftliche Bewertung von Kosmetikinhaltsstoffen sind. Die Forschung zu DHHB hat unser Verständnis für UV-Filter-Mechanismen vertieft und gleichzeitig die Notwendigkeit strengerer Qualitätskontrollen aufgezeigt.

Fazit

DHHB ist ein wissenschaftlich gut untersuchter UV-Filter mit bewiesener Wirksamkeit gegen UV-A-Strahlung. Die aktuellen Bedenken beziehen sich nicht auf die Substanz selbst, sondern auf Verunreinigungen während der Herstellung. Verbraucher sollten sich bewusst sein, dass sowohl DHHB-haltige als auch DHHB-freie Sonnenschutzmittel verfügbar sind, und ihre Entscheidung basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und persönlichen Präferenzen treffen.

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